Angesichts der wachsenden Abhängigkeit von ausländischen Medikamenten plant die Europäische Union ein Gesetz zur Stärkung der heimischen Produktion – ein Vorhaben, das laut dem aktuellen QBE-Resilience-Report zu Life Sciences gleichermaßen Chancen eröffnet wie neue Herausforderungen mit sich bringt.
So sind fast 70 Prozent aller in Europa abgegebenen Medikamente Generika. Doch ihre Vorprodukte, insbesondere Wirkstoffe (APIs), werden zunehmend außerhalb der EU hergestellt. Zwischen 2000 und 2019 stiegen die Arzneimittelimporte in Frankreich, Italien, Deutschland, Spanien, Dänemark und Schweden jährlich um durchschnittlich 13,3 Prozent, während die inländische Produktion lediglich um 0,8 Prozent zulegte.

In Deutschland liegt die Importquote mit 16,1 Prozent (Grafik 1) deutlich über dem europäischen Durchschnitt – trotz einer Steigerung der eigenen Produktion um 4,1 Prozent. Damit zählt Deutschland zu den Ländern, die besonders stark auf Arzneimittelimporte angewiesen sind – ein Risiko, das durch geopolitische Spannungen und hohe Energiekosten weiter zunimmt. Prognosen zeigen zudem: Bis 2030 dürften die Importe aus China, Japan, Indien und den USA jährlich um 4,6 Prozent steigen (Grafik 2). Noch dramatischer ist die Lage in Frankreich, wo die Werte sogar um bis zu 9,2 Prozent im gleichen Zeitraum klettern sollen – bei einer nachlassenden Produktion (-2,8 Prozent).

Die Europäische Kommission hat im März 2025 mit dem Critical Medicines Act (CMA) einen Gesetzesvorschlag vorgelegt, der die Versorgungssicherheit mit essenziellen Arzneimitteln in Europa stärken soll. Ziel ist es, die Abhängigkeit von Drittländern zu verringern und die Resilienz der pharmazeutischen Lieferketten zu erhöhen – ein Thema, das auch für den deutschen Markt von großer Relevanz ist.
Für die deutsche Pharmaindustrie – stark exportorientiert, zugleich aber von Importen abhängig – bedeutet das CMA sowohl Chancen als auch neue Komplexität. „Mit dem Critical Medicines Act wird die EU ihre Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten verringern müssen. Für Unternehmen in Deutschland heißt das: Wer Produktions- und Lieferketten resilienter gestaltet, kann profitieren. Gleichzeitig steigen die regulatorischen Anforderungen und die Notwendigkeit, strategisch zu investieren“, so Oliver Tobies, Senior Underwriter Pharma Life Science bei QBE Europe.
Das CMA führt eine Reihe regulatorischer, finanzieller und struktureller Maßnahmen ein, um die Versorgungslage zu verbessern. Dazu gehören:
Für Unternehmen im Life-Science-Sektor eröffnen sich damit Chancen, EU-basierte Produktionsstandorte auszubauen – etwa durch schnellere Zulassungen, bessere Finanzierungsmöglichkeiten und stabilere Beschaffung.
Der von Oxford Economics erstellte Bericht steht auf der Website von QBE Europe zum Download bereit.